Die Gemälde in der Wallfahrtskapelle

Die fürbittende Gottesmutter über dem Westtor

Pfarrer Oswald Kullmann (1873-1946) wünschte sich über diesem Tor ein Gemälde. Es sollten Pferde zur Darstellung kommen. In dem Würzburger Kunstmaler Willy Jakob fand er nach längerem Suchen den Fachmann, der seine Vorstellungen umsetzen konnte. So kurz nach dem I. Weltkrieg fragten sich die Menschen: Warum lässt Gott so viel Leid zu. Eine Antwort gibt die Offenbarungen des Evangelisten Johannes. Hier ist zu erfahren: Gott lässt zu, dass die Welt mit Tod und Vernichtung überzogen wird. Der Evangelist symbolisiert
das Leid durch Reiter, die Angst und Schrecken auf die Erde bringen.

**Das Bildthema ist alt, schon Albrecht Dürer hat es in einem berühmten Holzschnitt bearbeitet und immer wieder wurde es in schlimmen Zeiten von Künstlern aufgegriffen. In Etzelsbach ist jedoch ein hoffnungsvolles Bild entstanden. Das Thema ist in der Kunstgeschichte einmalig.
**Dem Bild mit den Reitern der Offenbarung des Johannes ist Maria, die Gottesmutter zugeordnet.
Sie ist als Fürsprecherin dargestellt. Maria bittet ihren Sohn, die Schreckensreiter von der Menschheit abziehen zu lassen. In einem Spruchband ist zu lesen: „Vor Pest, Hunger und Krieg bewahre uns o, Herr!“ Es ist ein Zitat aus der Allerheiligenlitanei, dem großen Bittgebet der katholischen Kirche. Vor Pest, Hunger und Krieg bewahre uns o Herr!“, so beten die Menschen in der Hoffnung vor dem Gnadenbild, dass Maria diese Bitte weiter trägt.

Betrachten wir das Bild:

**Die Antriebsbewegung des Bildes wird durch einen weißen Reiter von rechts nach links bestimmt. Hier im Gemälde steht er für Jesus Christus, den Weltenrichter. Er ist Mittel- und Höhepunkt des Bildes. Ein Erzengel führt sein Pferd und stößt in die Posaune des Gerichts.
**In der rechten Bildecke befindet sich eine zerstörte Stadt, aus deren Trümmern Qualm und Flammen zu einem Reiter mit einem fahlen Pferd emporziehen. Mit der Sichel und seiner knochigen Gestalt verkörpert er Pest und Tod. Vor ihm befinden sich in Todesnot gequälte Menschen, die unter Marias Schutzmantel flüchten. Und Maria fleht mit erhobener Hand den weißen Reiter um Schonung vor göttlichem Zorn an. Ein Gnadenstrahl zeigt: Christus gewährt Erhörung.
**Auf der abwärts gehenden Kurve der linken Seite ist ein schwarzer Reiter mit einer Waage in der Hand dargestellt. Er sitzt auf einem Einhorn und wendet sich fragend Christus zu. Er verkörpert Hunger und Teuerung. Er trägt Schlangenhaar, denn wie Schlangen wühlt der Hunger im Innern des Menschen.
**Neben ihm rast mit hoch erhobenem Flammenschwert, mit fliegenden Haaren ein roter Reiter dahin. Er stellt den Krieg dar. Feuerregen fällt auf die Erde. Hier ist die alte Etzelsbachkapelle von 1801 dargestellt. Die Linden biegen sich im Sturmwind. Auch die Kapelle ist durch den Feuerregen bedroht. Der Künstler spielt hier auf die Geschichte des Wallfahrtsortes im Bauernkrieg an.
**Schließlich wird das ganze Bild durch einen Regenbogen als Zeichen des Friedens zusammengefasst. Der Regenbogen steht seit jüdischen Zeiten dafür, dass Gott mit den Menschen einen Bund schloss.

„Wie das Gnadenbild gefunden wurde“ – ein Wandgemälde gibt Auskunft
Nach den ersten Kontakten zwischen Pfarrer Oswald Kullmann und dem Künstler Willy Jakob ergab sich eine fruchtbare Zusammenarbeit und beinahe freundschaftlicher Umgang.
Jakob erhielt 1929 einen Auftrag für ein zweites Bild. Er sollte darstellen: Wie das Gnadenbild gefunden wurde.
Willy Jakob hat sein Gemälde selbst beschrieben. Er formulierte:
„Der Künstler hat auf der rechten Wandfläche des Chores den Augenblick zur Darstellung gebracht, da nach der Legende das Gnadenbild aufgefunden wurde. Der Pflug hat das Bild der Schmerzensreichen an das Tageslicht gebracht. Ein wunderbares Licht geht von dem Bild aus. Andächtig ist der fromme eichsfeldische Bauersmann im blauen Leinenkittel in die Knie gesunken. Die Frau ist herbeigeeilt und faltet die fleißigen Hände zum Gebet. Das Kind bringt der Muttergottes den ersten Blumenstrauß. Der Junge, der die Pferde geführt, eilt freudig herbei. Die derben Ackergäule sind wohl gelungen, der rechte wendet den Kopf der Sonne zu, während ihn der linke zur Scholle neigt. Alles Licht geht vom Gnadenbilde aus, und alle Linien führen darauf hin. Vom Himmel schweben Engel herab zur Verehrung des Bildes, um gleichsam die Gnaden vorzubedeuten, die künftig vom Muttergottesbilde ausgehen sollen. So darf man vermuten, dass das Bild sowohl dem frommen Waller, als auch dem kunstliebenden Besucher gefallen wird.“
Unkundige Besucher der Etzelsbachkapelle übersehen schnell das Gemälde. Es befindet sich an der rechten Chorwand über der Sakristeitür. Der Wunsch des Künstlers hat sich dennoch erfüllt.
Seit Generationen wird die volkstümliche Darstellung gern betrachtet und weitererzählt. Überhaupt geben die beiden Gemälde Willy Jakobs der Kapelle zu Etzelsbach ihr besonderes Gepräge und tragen zu ihrer Beliebtheit bei.

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