Bei sonnigem Herbstwetter feierten Christen im Wallfahrtsort Etzelsbach das Fest der Geburt der Gottesmutter Maria. Als Gast, Hauptzelebrant und Prediger war diesmal ein Eichsfelder, Pater Elmar Busse (geboren 1951 in Heiligenstadt) eingeladen. Er gehört zur Gemeinschaft der Schönstatt-Patres und war viele Jahre Familien- und Eheseelsorger, vor allem in Österreich, aber auch in Litauen, Tschechien, Ungarn und Polen tätig. Seit einiger Zeit ist er Hausgeistlicher im Mutterhaus der Armen Dienstmägde Jesu Christi in Dernbach („Dernbacher Schwestern“) sowie Fachbereichsleiter Spiritualität in der Katharina Kasper Akademie. Wie er einleitend sagte, kommt er nun nur noch selten nach Heiligenstadt, umso mehr hat er sich über die Einladung nach Etzelsbach gefreut. Den Eichsfeldern ist die Schönstattbewegung über Friedrichroda und dem Kleinem Paradies in Heiligenstadt bekannt. Wie der Pater erzählte, sagte ein evangelischer Mitbruder skeptisch: „Die Schönstätter …? Das sind doch die mit Maria.“ – Schlagfertig antwortete ein Pater: „Ich hoffe, dass wir nicht die ‚ohne Maria’ sind.“
Und so konnte Pater Busse in seiner Predigt auch Grundlegendes zu Maria und ihre Beziehung zu uns sagen. Ein Kernstück seiner Predigt sollen nachfolgend wörtlich zitiert werden:
„Es gibt manchmal Versuche, ökumenische Brücken zur Marienverehrung zu bauen, die sich bei genauerer Beobachtung als sehr problematisch erweisen. Maria sei zum Beispiel barmherziger als der Richter Jesus. Oder Maria sei wie die Vorzimmerdame im Büro eines großen Chefs. Wenn man bei dem einen Termin wolle, sei es gut, sich mit seiner Sekretärin gut zu stellen. – Solche sehr menschlich gedachten Zugangshilfen führen in die Irre: Jeder hat unmittelbaren Zugang zu Gott. Wir brauchen keine Vorzimmerdame….
„Auch diese Frage: Wozu brauche ich Maria? Ich kann mich doch an Gott direkt wenden! führt nicht weiter. Wenn ich die Frage zulasse, dann muss ich antworten: Maria brauche ich nicht. Maria braucht kein Mensch.
Ein Mensch hat seine Daseinsberechtigung in sich als Ebenbild Gottes – er muss nicht nützlich sein. …. Ich habe am Anfang die Geburtstagslieder zitiert: „Wie schön, dass du geboren bist! Wir hätten dich sonst sehr vermisst.“ und „Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur, ganz egal ob du dein Lebenslied in Moll singst oder Dur. Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu. Du bist Du. Das ist der Clou.“ Die Frage lautet also nicht, wozu nützt mir Maria? sondern die Frage muss lauten: Wie reagiere ich auf die Tatsache, dass es diesen Menschen Maria gibt?
Wäre Gott ein Konzernmanager, der ein Sanierungsprogramm durchziehen wollte, dann müsste er alle Menschen entlassen und ihnen zu verstehen geben: „Geht mal weg! Ich kann das allein viel besser. Schließlich bin ich allmächtig, allwissend und allgegenwärtig. Ich verbanne euch auf die Zuschauertribüne der Geschichte. Ihr könnt mir Beifall klatschen, aber mehr nicht!“ Doch so eine Welt hat Gott nie gewollt. Er wollte Geschöpfe schaffen, die zur Liebe fähig sind, weil er selbst in sich als Dreifaltiger Gott das Glück des Liebens und Geliebtwerdens in sich erlebt hatte. Gottgewollter Beziehungsreichtum und nicht durch Rationalisierung erreichte Beziehungsarmut ist das Schlüsselwort.
Die Frage lautet also nicht: Wozu ist Maria gut? Die Frage ist: Wie reagiere ich darauf, dass es diesen Menschen Maria gibt? Christus hat eindeutig Stellung bezogen. Er sagte: Was ihr dem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan. Deshalb hört Saulus vor Damaskus auch nicht: „Warum verfolgst du meine Jünger?“ sondern er hört: „Warum verfolgst du mich?“…. Die Botschaft ist eindeutig: Jesus ist nicht eifersüchtig auf Liebe, die Menschen einander schenken. Im Gegenteil: Er freut sich, wenn Menschen einander Liebe schenken. Wir dürfen uns einen Jesus vorstellen, der erleichtert seufst: „Endlich haben sie kapiert, worauf es ankommt!“
Zum Ende der Predigt erzählte Pater Busse die Geschichte von Joao Pozzobon (1904-1985), einem brasilianischen Familienvater, der einen 13 kg schweren Bildstock mit dem Bild der Gottesmutter zu den Menschen trug. Jeden Abend investierte er, nachdem seine Kinder groß waren, in einen Hausbesuch, oft auch bei Menschen, die Probleme miteinander hatten. Von 1950 bis 1985 hat er auf diese Weise 140.000 km zu Fuß zurückgelegt. Sein Beispiel hat Schule gemacht, auch in Deutschland. Elmar Busse berichtete, dass auf diese Art in Deutschland ca. 70.000 Haushalte Monat für Monat von der Gottesmutter besucht würden. Menschen lernen sich so besser kennen, sie öffnen sich und können die anderen im Kreis bitten, in ihren Anliegen mitzubeten.
Zum Schluss hatte der Pater für die gespannt zuhörenden Etzelsbachpilger folgenden Vorschlag mitgebracht: Was mit dem Schönstatt-Gnadenbild überraschend gut funktioniert, kann ja auch mit dem Etzelsbach-Gnadenbild möglich werden. Nur in der Schule ist Abgucken verboten. Im Leben lernt man am meisten durch Abgucken. So werden wir als Kirche zur Lerngemeinschaft. Man kann es auch in vertrauteren Worten ausdrücken: Die Lebendigkeit der Kirche hängt ab vom Zeugnis der einzelnen Christen. Wenn wir uns gegenseitig austauschen, welche guten Erfahrungen wir mit der Gottesmutter gemacht haben, dann kann dadurch das Vertrauen in die Fürbittmacht Mariens gestärkt werden. Dann finden vielleicht auch die, die zwar getauft und gefirmt sind, aber meinen, sie müssten ihr Leben allein meistern, zurück in einen lebendigen, befreienden, helfenden Glauben.
Christus hat sterbend am Kreuz uns seine Mutter zur Mutter gegeben. Wir machen uns das Leben unnötig selber schwer, wenn wir diese Hilfe nicht in Anspruch nehmen. Sie, die Sie heute hierher gepilgert sind, trauen der Gottesmutter viel zu, sonst wären Sie nicht hier. Sorgen Sie bitte mit dafür, dass der Grundwasserspiegel des Vertrauens in die Fürbittmacht der Gottesmutter in unseren Gemeinden wieder steigt! Sie werden sich wundern, was dann alles geschieht. Amen.
Die Pilger klatschen Beifall. Die Frage ist, ob sein Vorschlag auf fruchtbaren Boden fällt.
Im nachfolgenden Wallfahrtsamt wurde auch in besonderer Weise an Pfarrer Gerhard Miksch (1935-2019) erinnert, dessen Requiem vor 4 Wochen hier in Etzelsbach gefeiert wurde. Er war von 1977 bis 2004 für den Wallfahrtsort Etzelsbach zuständig. Er verstarb zu dem Zeitpunkt, als in Etzelsbach die Wallfahrt zum Fest Mariä Schnee gefeiert wurde. Die neue Art der sogenannten Pferdewallfahrt mit Pferdesegnung durch einen Priester geht auf seine Initiative zurück. Dem Wallfahrtsort war er tief verbunden.